Wann ist ein Training erfolgreich? IV/IV

6. September 2010 § Ein Kommentar

Blogparade Teil 4: Wann ist eine interkulturelle Auslandsvorbereitung erfolgreich?

Irka Fürle

Irka Fürle

Mich interessierten unterschiedliche Sichtweisen von TeilnehmerInnen, TrainerInnen, begleitende PartnerInnen, PersonalerInnen, Vorgesetzte, KollegInnen und Anbietern.

Heute lesen wir eine Antwort auf die Frage aus einer Trainingsanbieterin: Irka Fürle erweitert das Thema über das Training hinaus und gibt einen Überblick über verschiedene Erfolgsfaktoren von Auslandsentsendungen.

Mitarbeiter brechen ihren Auslandseinsatz wegen familiärer Schwierigkeiten und Integrationsproblemen ab, die Inbetriebnahme einer Fertigungsstraße in der ausländischen Niederlassung verzögert sich, das Image des Unternehmens leidet mangels kultureller Sensibilität des verantwortlichen Mitarbeiters – alle diese Szenarien können bei schlecht vorbereiteten Auslandseinsätzen zu erheblichen Folgekosten für das betreffende Unternehmen führen.

Ursachen hierfür sind in aller Regel Reibungsverluste durch mangelndes interkulturelles Verständnis zwischen Geschäftspartnern und Mitarbeitern vor Ort. Aus diesem Grund gehört zur Vorbereitung eines Auslandsaufenthaltes vor allem auch ein gezieltes interkulturelles Training, welches es dem Mitarbeiter ermöglicht, seine fachlichen Aufgaben vor Ort effizient zu erfüllen und mögliche interkulturelle Hürden zu überwinden. Dafür ist es wichtig, allen Phasen einer Auslandsentsendung hinreichend Aufmerksamkeit zu schenken und den Entsendungsprozess auf diese Erfolgsfaktoren hin zu optimieren. Der typische Prozess lässt sich in vier Hauptphasen gliedern: die Auswahl, Vorbereitung, Betreuung während des Aufenthaltes und die Reintegration des entsendeten Mitarbeiters. Darüber hinaus sollte die Phase des Wissensmanagements, die es dem Unternehmen nicht nur ermöglicht das kulturelle Wissen des Mitarbeiters zugänglich und nutzbar zu machen, sondern auch im Rahmen eines Lessons to Learn-Ansatzes den Entsendeprozess fortlaufend zu optimieren, nicht ungenutzt bleiben.

Doch vorher muss unbedingt eine sorgfältige Mitarbeiterauswahl getroffen werden. Hierbei sollten neben den fachlichen Eignungen und Sprachkenntnissen, auch weiche Faktoren, wie soziale und interkulturelle Kompetenz des Mitarbeiters im Mittelpunkt stehen. Zu den wichtigsten Kompetenz-eigenschaften zählen vor allem Flexibilität, Empathie, eine ausgeprägte Bereitschaft und Fähigkeit zum Lernen, zur Anpassung an sich schnell ändernde Situationen sowie zum Perspektivenwechsel. Entscheidend ist also vor allem die Persönlichkeit des jeweiligen Mitarbeiters. Diese Faktoren können mithilfe eines Assessment Centers, das auf interkulturelle Themenstellungen zugeschnitten ist, dem Personalmanagement helfen eine Entscheidung zu treffen. Eine zeit- und kostensparendere Variante sind Testverfahren wie beispielsweise interkulturelle Potentialanalysen. Diese können schnell und effektiv die Faktoren interkultureller Kompetenz sowie Potentiale und Fähigkeiten des zu entsendenden Mitarbeiters bildhaft veranschaulichen. Die Erkenntnisse hieraus können im Folgenden auch dazu genutzt werden, um Vorbereitungs- und Begleitungsmaßnahmen für einen Auslandsaufenthalt zielgerichtet auf die Bedürfnisse des Mitarbeiters zuzuschneiden.

In der Vorbereitungsphase ist die sprachliche Vorbereitung in Form von Sprachtrainings zweifellos wichtig. Darüber hinaus sollte die Entsendeabteilung des Unternehmens nicht versäumen die mitausreisenden Angehörigen in die Vorbereitungen zu integrieren. Um die Expatriates von unternehmerischer Seite zu unterstützen und die Phase des Kulturschocks zu minimieren, kann es sinnvoll sein, dem Mitarbeiter für die Zeit der Auslandsentsendung und insbesondere während der Integrationsphase ein Kontingent für die Inanspruchnahme eines interkulturellen Coaches zur Verfügung zu stellen. Weiterhin bietet sich der Aufbau eines unternehmensinternen Mentorennetzwerkes an, um den Kontakt zum Stammunternehmen zu vereinfachen und später die Reintegrationsphase zu erleichtern. Die wichtigsten Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Reintegration sind eine klare Perspektive sowie Absprache hinsichtlich der zukünftigen Aufgabenfelder im Unternehmen, ein gezieltes Wissensmanagement, dass die gemachten Erfahrungen des Mitarbeiters wertschätzt und für das Unternehmen nutzbar macht sowie eine intensive Begleitung des Mitarbeiters und seiner Familie, um die Folgen des Reintegrationsschocks zu mildern und ein schnelles Wiedereinleben zu ermöglichen.

Die Folgen eines erfolglosen Auslandseinsatzes sind sowohl für das Unternehmen, als auch für den Entsandten selbst erheblich. Eine sorgfältige Auswahl des Mitarbeiters und zielgerichtete Vorbereitung unter Einbeziehung der Familie des Entsendeten kann Komplikationen nicht in allen Fällen verhindern, die Risikofaktoren jedoch deutlich minimieren.

Hier geht es zum Zusatzteil V, der Versuch einer Antwort eines Personalers.

Autorin: Irka Fürle

Irka Fürle ist Partnerin und geschäftsführende Gesellschafterin von culture.communication. Sie studierte Rechtswissenschaften und Interkulturelle Wirtschaftskommunikation an der Universität in Jena.  Frau Fürle ist Lehrbeauftragte für die Themen „Interkulturelle Kommunikation“ sowie „Interkulturelle Verhandlungsführung“ an der Leibniz-Universität Hannover. Sie lebte und arbeitete in Italien und den USA.

Ihre Aufgabe ist es Menschen und Kulturen zu verbinden und innovative Lösungen vom Aufbau über den Ausbau bis hin zum Erhalt interkultureller Beziehungen in den Bereichen interkulturelles Training und Coaching, Verhandlungsführung und Konfliktmanagement sowie interkulturelles Consulting zu entwickeln.

Wann ist ein Training erfolgreich? III/IV

2. September 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Andreas Hauser

Andreas Hauser

Blogparade Teil 3: Wann ist eine interkulturelle Auslandsvorbereitung erfolgreich?

Mich interessierten unterschiedliche Sichtweisen von TeilnehmerInnen, TrainerInnen, begleitende PartnerInnen, PersonalerInnen, Vorgesetzte, KollegInnen und Anbietern.

Heute lesen wir von der Sicht eine Trainers, der bereits eine Vielzahl interkultureller Trainings durchgeführt hat: Andreas Hauser.

Quantitativ messbarer Erfolg in der interkulturellen Auslandsvorbereitung ist kein einfaches Thema. Als interkultureller Managementtrainer bin ich in meinem Tagesgeschäft mit den unterschiedlichen Auslegungen und Interpretationen von „Erfolg“ konfrontiert. Wichtig ist daher für mich an erster Stelle zu klären, wem ich als Trainer bei einer Auslandsvorbereitung prioritär verpflichtet bin.

Die Stakeholder-Analyse bei einer interkulturellen Auslandvorbereitung liefert neben dem Teilnehmer und seiner Familie noch weitere Einflussfaktoren: das Unternehmen als Ganzes; die Fach-Abteilung; die Personal-Abteilung; den/die alte/n Vorgesetzte/n; den/die neue/n Vorgesetzten; die Kunden und Lieferanten im Zielland; und nicht zuletzt die Bevölkerung des Ziellandes. Als Trainer folge ich einer doppelten Verpflichtung: sowohl gegenüber dem Auftraggeber bzw. der Personalabteilung als auch gegenüber dem Teilnehmer. Konsequenterweise ist damit für mich der Erfolg ganz unmittelbar mit dem Unternehmensumfeld, der Entsendesituation und den individuellen Zielen des Teilnehmers verbunden.

In meiner Verantwortung als Trainer liegt es auch, meine eigene Philosophie sowie meine Trainingsgrundsätze mit dem Teilnehmer im Vorfeld oder zu Beginn des Trainings abzugleichen. Dadurch ist gesichert, dass wir das gleiche „Idealbild eines interkulturellen Managers“ haben, auf das die Weiterbildung ausgerichtet ist. Falls es an dieser Stelle zu schwerwiegenden Divergenzen kommt, fühle ich mich berechtigt, das Training ohne Rücksicht auf mögliche finanzielle Nachteile nicht zu übernehmen oder abzubrechen.

Die unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen der Teilnehmer lassen es meiner Überzeugung nach nur schwerlich zu, allgemein messbare und quantifizierbare Richtlinien für den Erfolg der Auslandsvorbereitung anzusetzen. Für mich gilt daher als maßgeblich die individuelle Rückmeldung des Teilnehmers auf Basis gemeinsamer Zielvereinbarungen, die unter Berücksichtigung der individuellen Rahmenbedingungen definiert wurden: Position und Verantwortung vor Ort;  Dimensionen des interkulturelles Umfelds; bestehende Strukturen vor Ort; bisherige internationale (Arbeits-)Erfahrung; sowie Aufgabenbereiche im Management.

Als guter Trainer muss ich in der Lage sein, die individuellen Umstände des Teilnehmers zu erkennen und mit ihm innerhalb seines Bezugsrahmens zu arbeiten. An Ende des Trainings sind zur Bestimmung des Erfolgs die Antworten auf folgende Fragen ausschlaggebend:

  • Hatte der Teilnehmer den Eindruck, dass das Training individuell auf seine Bedürfnisse zugeschnitten war?
  • Hat der Teilnehmer sich und seine aktuellen Themen / Probleme / Herausforderungen / Fragen wiedergefunden?
  • Hat der Teilnehmer ein Bewusstsein für die interkulturellen Aufgabenstellungen und ihre Bedeutung im täglichen Leben vor Ort entwickelt?
  • Hat das Training zur Motivation des Teilnehmers auf die kommenden beruflichen und privaten Herausforderungen geführt?
  • Fühlt der Teilnehmer eine ausgewogene Darstellung sowohl von positiven als auch von kritischen Aspekten seiner Entsendung?
  • Hat das Training Spaß gemacht bzw. ist die Zeit schnell vergangen?
  • Nimmt der Teilnehmer konkrete Anregungen und Tipps für unmittelbar bevorstehende Aufgaben mit?
  • Fühlt der Teilnehmer sich in der Lage, autonom vor Ort Entscheidungen in interkulturell herausfordernden Situationen zu treffen?

Gerade die letzte Frage nach der Autonomie ist für mich hier die letztlich entscheidende: Ist der Teilnehmer in der Lage, im Zielland interkulturell wichtige Situationen selbstständig zu erkennen und entsprechend zu handeln?

Eine interkulturelle Vorbereitung anhand von entsprechender Literatur ist sicherlich empfehlenswert; allerdings dient diese in der Regel dazu, eine Art „Checkliste“ von Do’s & Don’ts zu verfestigen, die dann in bestimmten Situationen abgerufen werden kann. Ein interkulturelles Managementtraining hingegen vermittelt einen Gefühl für die unterschiedlichen Dimensionen interkulturellen Handelns im Rahmen der jeweiligen Zielkultur. Anhand dieser sollte der Teilnehmer in der Lage sein, vor Ort unterschiedliche Situationen selbst einzuschätzen und adäquat seine Verhaltensweisen anpassen zu können. Das ermöglicht ihm, mit der nötigen Eigenverantwortung und Authentizität zu agieren, welche für langfristigen Erfolg im interkulturellen Kontext unerlässlich sind.

Somit hängt nach meiner Einschätzung der Erfolg einer interkulturellen Auslandsvorbereitung davon ab, welche Autonomie der Teilnehmer in seinem zukünftigen interkulturellen (Arbeits-)Umfeld erreicht, um individuell auf die jeweilige Situation und sein Gegenüber reagieren zu können. Und in Ermangelung eines passenden Instruments, diesen Grad der Autonomie quantitativ einzuschätzen – gerade auch in Abhängigkeit des persönlichen Kompetenzprofils unterschiedlicher Manager bzw. Menschen –, verlasse ich mich auf die qualitativen Aussagen und Rückmeldungen des Teilnehmers und der Familie.

Hier geht es zum Teil IV, die Antwort einer Trainingsanbieterin.

Autor: Andreas Hauser

Der Unternehmensberater betreibt selbst den Blog http://lifeforthought.blogspot.com (Publications & News Weblog) und beschäftigt sich intensiv mit Interkulturellem Management www.developingculture.com und Tourismus www.developingtourism.com.

Andreas Hauser ist 38 Jahre alt und hat einen akademischen Hintergrund in Betriebswirtschaft und Tourismusmanagement in Deutschland, Spanien und den Niederlanden. Mit der Masterdissertation über Ethik in der Unternehmensberatung hat er sein postgradualen MBA-Studium für International Management Consulting mit Auszeichnung abgeschlossen.

In seiner Tätigkeit als selbständiger Berater für Tourismus- und Wirtschaftsprojekte ist er seit zehn Jahren international tätig, mit langfristigen Projekt- und Auslandsaufenthalten in Europa, der Arabischen Welt und in Lateinamerika. Neben leitenden Planungs- und Managementaufgaben ist er unter anderem verantwortlich für die Zusammenstellung, Führung und Moderation interkultureller Arbeitsgruppen.

Er gibt regelmäßig Hochschulseminare und trainiert Führungskräfte für interkulturelle Herausforderungen. Seine langjährige Projekterfahrung vor Ort mit der Privatwirtschaft sowie dem öffentlichen Sektor (Ministerien, Behörden) bringt er in seine interkulturellen Trainings ein.

Er bereiste über 75 Länder der Welt und arbeitete auf vier Kontinenten. Dies brachte ihm ein tiefes Verständnis dafür, was es bedeutet, über kulturelle Barrieren und Grenzen hinweg erfolgreich zu sein.

Wann ist ein Training erfolgreich? II/IV

30. August 2010 § 5 Kommentare

Blogparade Teil 2: Wann ist eine interkulturelle Auslandsvorbereitung erfolgreich?

Mich interessierten unterschiedliche Sichtweisen von TeilnehmerInnen, TrainerInnen, begleitende PartnerInnen, PersonalerInnen, Vorgesetzte, KollegInnen und Anbietern.

Heute lesen wir von der Sicht einer begleitenden Ehefrau, die selbst kein interkulturelles Training besucht hat: Regine Albrecht lebt in den USA und ist mit ihrem Mann entsandt worden. Sie stellt die Frage, ob es ein interkulturelles Training überhaupt braucht – und kommt zu einem interessanten Ergebnis.

Regine Albrecht

Regine Albrecht

Ich bin Regine Albrecht und vor 13 Jahren mit meinem Mann in die USA gezogen. Der Grund: eine vierjährige Auslandsentsendung. Und hier sollte ich jetzt kurz einfügen, dass ich im Gegensatz zu vielen Deutschen vorher noch nie, also auch nicht auf Urlaub, in den USA war. Mein erster Gedanke war: Was eine geniale Chance, was ein tolles Abenteuer…. Ich verbringe nicht nur einen Urlaub in einem tollen Land, nein, ich werde sogar dort leben. Alles fing mit einer total positiven Einstellung und viel Vorfreude an. Natürlich würde es Probleme geben (das weiß doch jeder), aber, hey, mit denen werde ich schon fertig. Das wäre doch gelacht.

Die Realität war dann allerdings etwas anders. Den ersten Schock bekam ich auf unserem sogenannten Look-and-See-Trip. Laut dem Chef meines Mannes total überflüssig, da dort = USA sowieso alles so ist wie hier = Deutschland. Zurück zu meinem ersten Schock. Miethäuser und Mietwohnung hatten einen ganz anderen Standard als in Deutschland. Völlig unvorbereitet auf diese Tatsache hatte ich nach wenigen Stunden den Punkt erreicht, an dem ich mir ernsthaft die Frage stellte, warum ziehen wir um? In ein Land, in dem es keine sauberen und intakten Häuser gibt? Doch das war ein glücklicherweise nur temporäres Problem und wir lösten es mit Geduld.

Etwas schwieriger war dann der erste ernsthafte Kontakt mit Amerikanern, telefonisch Gas, Wasser, Elektrizität, Telefon etc. anzumelden. Das war eine echte Herausforderung da Amerikaner nicht verstehen, dass jemand der ganz offensichtlich gut Englisch spricht, sie nicht versteht. Der Grund: das gesamte System funktioniert ganz anders. Ein Telefon anmelden heißt nicht, ich kann dann weltweit telefonieren, nein, ich muss mein Telefonnummer auch noch bei einem long-distance carrier und einen international carrier anmelden. Ansonsten klappt es nämlich mit den Anrufen bei den Lieben in der fernen Heimat nicht. Aber das muss man erst mal wissen….

Auch was das Einkaufen von Lebensmittel angeht war ich anfänglich total überfordert. Die Supermärkte sind riesig, die Regale vollgestopft mit Produkten, die ich damals nicht kannte und die Auswahl ist so groß, das ein „Wocheneinkauf“, der sonst in 45 Minuten erledigt war sich jetzt auf 2-3 Stunden ausdehnte (zum Leidwesen meines Sohnes).

Wirklich schwierig wurde es aber erst nachdem die ersten Wochen vorbei waren. Ich hatte meinen Beruf für dieses Abenteuer aufgegeben und musste jetzt die Zeit anderweitig füllen. Klingt eher wie ein Traum als ein Fluch – aber ohne soziale Kontakte ist das gar nicht so einfach. Dazu kamen dann etwa gleichzeitig die ersten Frusterlebnisse im Kontakt mit Amerikanern. In Gesprächen entstand plötzlich betretenes Schweigen – hätte ich nur gewusst oder verstanden warum – ich hatte doch nichts „falsch“ gemacht. Mal schnell bei einer Freundin an die Tür klopfen und auf einen Schwatz hereinschauen endet in einem totalen Fiasko – vorher anrufen war angesagt. Schwimmen im YMCA endet in einer Flucht aus dem gemeinsamen Mädchenumkleideraum, da andere Mütter an meinem Sohn Anstoß nahmen – und das obwohl ich vorher gefragt hatte.

Was hat das jetzt alles mit Interkulturellem Training zu tun? Die Frage ist schnell beantwortet: Hätte ich jemals die Gelegenheit bekommen, ein solches Training mitzumachen, ich hätte die unterschiedlichen Phasen (Hochs wie Tiefs) eines Umzuges gekannt, die ein Expat durchläuft. Eine „falsch-richtig Mentalität“ hätte eher der Mentalität „warum“ Platz gemacht. Ich hätte gelernt oder gewusst, dass ich in meinem bisherigen Leben eine Sicht der Dinge gewonnen hatte, die mir durch meine Erziehung und mein Aufwachsen in Deutschland mitgegeben wurde. Das diese „Sicht der Dinge“ unter anderen kulturellen Umständen sehr leicht zu Missverständnissen führt …das habe ich anfangs nicht wirklich berücksichtige.

Alles erschien doch so wie in Deutschland… und außerdem war ich viel zu sehr damit beschäftigt, mich einzufügen, die Sprache zu verstehen, mich zurechtzufinden und ein neues Leben aufzubauen. So wie die deutsche Kultur hat sich auch die amerikanische Kultur aus der Geschichte entwickelt. Wenn man die Wurzeln nicht kennt und versteht, stößt man leicht auf Unverständnis oder gerät in unangenehme Situationen und das Land der unbegrenzten Möglichkeiten kann auf einmal recht beengend wirken.

Wenn ich also aussuchen könnte, wann und welche Themen ich gerne in meinem ganz persönlichen Interkulturellen Training gehabt hätte, dann würde die Antwort etwa folgendermaßen aussehen:

Vor der Abreise Themen wie:

  • Welche Phasen durchläuft ein Expat im ersten Jahr
  • Vorbereitung auf eine neue Lebensweise (z.B. berufstätig vs. nicht berufstätig)
  • Unterschiede zum deutschen Schulsystem (Mithilfe gewünscht – Mithilfe nicht gewünscht)
  • Kurze geschichtliche und kulturelle Einführung
  • Sensitive Gesprächsthemen/ Gesten
  • Internationale Organisationen/ Expatkontakte

Etwa 3-6 Monate nach der Ankunft im Entsendungsland:

  • Vertiefung der Geschichte des Gastlandes
  • Entwicklung der Kultur (Glaube, Traditionen, Kommunikation, Kontakte)
  • Besprechen „unbehaglicher“ oder „unverständlicher“ Situationen oder Erlebnisse
  • Internationale Organisationen/ Expatkontakte

Am besten fände ich eine „Helpline“, die mir für mehrere Monate zur Verfügung stünde. Jemand, der anstehende Themen zeitnah mit mir bespricht und erklären kann. Scheibchenweise die neue Kultur erobern, besonders wenn sie der eigenen Kultur so ähnlich scheint. Darin sehe ich eher ein Risiko als ein Vorteil. Der Grund: wenn ich weiß, es erwartet mich etwas völlig anderes, dann bin ich darauf vorbereitet; alle meine Sinne versuchen dieses „Andere“ wahrzunehmen, zu ergründen. Erwarte ich etwas Gleiches, dann brauche ich nichts ergründen und ich achte nicht auf die Nuancen, die den entscheidenden Unterschied machen (können). Willkommen im Land der unbegrenzten Fettnäpfchen.

Hier geht es zum Teil III, die Antwort eines Trainers.

Autorin: Regine Albrecht

Ich, Regine, arbeite seit 10 Jahren als Expatriation Consultant in New Jersey. Nach meiner eigenen Erfahrung war es für mich eine Aufgabe, die mir wichtig war und am Herzen lag, Fragen zu beantworten, die meine Klienten haben, zur Verfügung zu stehen, wenn es für sie schwierig wurde. Meine Klienten sind Mitarbeiter internationaler Unternehmen und kommen aus der ganzen Welt. Auf meiner Website www.ExpatLinQ.com geben meine Partnerin und ich nur eher „technische“ Tipps. Die wirkliche Arbeit für uns fängt immer dann an, wenn es um persönliche und individuelle Fragen oder Probleme unserer Familien geht. Hier versuchen wir dann gemeinsam mit unseren Familien Wege und Lösungen zu finden.

Wann ist ein Training erfolgreich? I/IV

30. August 2010 § Ein Kommentar

Heute beginnt sie nun – die Blogparade zum Thema: Wann ist eine interkulturelle Auslandsvorbereitung erfolgreich?

Mich interessierten unterschiedliche Sichtweisen von TeilnehmerInnen, TrainerInnen, begleitende PartnerInnen, PersonalerInnen, Vorgesetzte, KollegInnen und Anbietern.

Bodo Albrecht

Bodo Albrecht

Von einigen dieser Gruppen wurden tolle Artikel für die Blogparade geschrieben und ich möchte sie in den kommenden Tagen veröffentlichen. Heute starten wir mit der Sicht eines Teilnehmers: Bodo Albrecht lebt in den USA und hat einige Zeit nach seiner Ankunft ein interkulturelles Training genossen. Hier die Punkte, die er für wichtig und beachtenswert empfand.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für ein interkulturelles Training? Diese Frage lässt sich ganz klar mit „das hängt davon ab“ beantworten. Ich wurde vor schon längerer Zeit aus Deutschland in die USA versetzt, ein Land, das ich bereits durch viele Geschäftsreisen und einige Urlaube zu kennen glaubte. A priori sind die Unterschiede nicht augenfällig, ich bin jedoch heute davon über zeugt, dass die USA zu den am meisten unterschätzten Ländern gehören, die es gibt.

In vielen anderen Ländern unterscheiden wir Deutsche uns schon durch unsere Größe, Hautfarbe, Religion, Essgewohnheiten und andere Attribute unseres Zusammenlebens von der lokalen Bevölkerung. Diese Unterschiede schon vor der Abreise zu studieren ist nicht nur nützlich, sondern manchmal sogar überlebensnotwendig. Ein klarer Fall also. Gleichwohl bleiben Expats in solchen Ländern oft unter sich, leben in Compounds die sich Einheimische nicht leisten können und schaffen sich so ihre Inseln unter Gleichgesinnten.

Nicht so in den USA. Ich erinnere mich an eine Diskussion mit einem Vorgesetzten, dem selbst der Nutzen eines Look-and-See-Trips mit meiner Familie nicht einleuchten wollte. „Da drüben ist praktisch alles so wie hier – glauben Sie mir“, hörte ich. Beide Teile dieses Satzes verdienen eine nähere Betrachtung:

  • Viele Deutsche, die die USA aus Urlauben oder von Geschäftsreisen kennen, empfinden Amerikaner als einfach und unkompliziert im Umgang. „Sie sind aber sehr oberflächlich“, kommt meistens als Nachsatz. Sorry, aber oberflächlich ist dabei nur eins: diese Sicht der Dinge.
  • Dies gepaart mit der sehr deutschen Eigenschaft, Dinge „zu wissen“ macht den Satz explosiv: niemand „weiß“, wie „die Amerikaner“ ticken, wenn er nicht für mehrere Jahre im Land gelebt hat – das im übrigen aus 50 sehr unterschiedlichen Staaten besteht.

So werden die USA zur vielleicht teuersten Expatfalle deutscher Unternehmen, und aus diesem Grund kam mein interkulturelles Training zum exakt richtigen Zeitpunkt: nach ca. 6 Monaten im Land. Der Trainer, obwohl Amerikaner, erklärte den Seminarraum kurzerhand zur neutralen Zone und forderte uns auf, völlig unzensiert über unsere Probleme zu berichten. Verblüffend, dass wir alle die gleichen Probleme hatten. Schockierend, wieviel Wissen über Kultur und Geschichte, geografische Besonderheiten und Teilgruppen der amerikanischen Gesellschaft uns allen fehlte, obwohl wir doch alle „wussten“, wo wir hingehen. Wir wussten nichts und jeder von uns war schon in mehrere der überall bereitstehenden Fettnäpfchen getreten.

Das Training fand also statt, als sich viele von uns am Tiefpunkt befanden, die Menschen nicht verstanden und teilweise sogar insgesamt frustriert oder deprimiert waren. Es half uns, diese Empfindungen zu artikulieren, ihre Gründe zu verstehen und diejenigen Dinge zu lernen, die wirklich relevant für den Umgang mit Kollegen und Nachbarn sind. Jeder Versuch dieses Trainings zu einem früheren Zeitpunkt hätte uns noch in der „ich weiß“ Phase getroffen und wäre zweifellos verpufft.

Beispiele solcher Unterschiede zu schildern würde ein Buch füllen und tatsächlich gibt es solche schon zur Genüge – leider auch viel Müll von „Wissern“. Tipp: ein Buch, das sich in einzigartiger Weise mit amerikanischer Kultur befasst (wenn auch mit einem Fokus auf Marketing) ist „Cultur Code“ von Clotaire Rapaille – es hat, selbst nach all den Jahren, die ich bereits hier lebe, mein Verständnis amerikanischer Kultur nochmals nachhaltig verändert.

Hier geht es zum Teil II, die Antwort einer begleitenden Ehefrau.

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Zustimmung und Widerstände

5. April 2010 § Hinterlasse einen Kommentar

Seit ich mich intensiver mit dem Thema der Wirkungsmessung von betrieblichen Weiterbildungsveranstaltungen im außerfachlichen Kompetenzbereich beschäftige, habe ich mich naturgemäß mit einer Reihe von Leuten unterhalten.

Darunter waren sowohl TrainerInnen, als auch WissenschaftlerInnen und potentielle KundInnen. Die Reaktionen auf den Gedanken, allgemeine Wirkungsmessung für Trainings und Seminare durchzuführen, stießen auf recht unterschiedliche Reaktionen.

WissenschaftlerInnen
Die Idee stößt auf Skepsis. Es gibt wissenschaftliche Konzepte zur Durchführung on Evaluationen von Trainingsveranstaltungen. Die Anwendungen dieser Konzepte beschränken sich meines Wissens in erster Linie auf Forschungsarbeiten. Es scheint noch nicht gelungen zu sein, eine allgemeine Übertragung in den Trainingsalltag vorzunehmen.

Die Skepsis ist also darauf zurück zu führen, dass es entweder nicht gelingen wird, die Konzepte zur allgemeinen Anwendung von Unternehmenskunden zu bringen oder die notwendige Reliabilität und Validität aufrecht zu erhalten.

TrainerInnen
Auch hier war in erster Linie Skepsis das Ergebnis der Gespräche. Natürlich einerseits ist das sehr verständlich: wird doch durch die Wirkungsmessung die Tätigkeit der TrainerInnen auf den Prüfstand gestellt. Die Reaktion ist verständlich. Trotzdem haben viele TrainerInnen wohl nichts zu befürchten, da sie gute Qualität liefern und auch insgesamt daran interessiert sind, die Spreu vom Weizen unter ihren Kollegen zu trennen.

Es gibt noch einen weiteren, sehr viel tiefer gehenden Grund, der die Skepsis auslöst: Trainings erfüllen sehr häufig nicht die Erwartungen die an sie gestellt werden. Dies liegt nicht an den Trainings, nicht an den Methoden und nicht an den TrainerInnen die zur Durchführung beauftragt werden. Es liegt vielmehr daran, dass eine echte Weiterentwicklung von MitarbeiterInnen kaum durch ein Training zu erreichen ist. Vielmehr müssen dafür ausführlichere Lernarchitekturen Anwendung finden. Diese lassen sich jedoch deutlich schwerer Verkaufen. Zu diesem Thema, folgt ein späterer Blogbeitrag.

KundInnen
Hier stieß die Frage nach einer Wirkungsmessung auf großes Interesse. Der Wunsch der meisten MitarbeiterInnen der Personalabteilungen ist, einfache Entscheidungshilfen für die Trainerauswahl zu bekommen und über die Qualität der durchgeführten Weiterbildungsveranstaltungen endlich einmal zielführende Aussagen zu erhalten. Dabei sollte das ganze Verfahren unter dem Wahlspruch stehen: keep it short and simple.

Welche Meinung haben Sie zur Durchführung einfacher Wirkungsmessungen?

Ich bin gespannt auf Ihre Gedanken dazu und verbleibe für heute

mit besten Grüßen

Steffen Henkel

Wo bin ich?

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